Was tun ...

Ihr habt euch entschlossen mit mir den Weg der aktiven Selbsthilfe zu gehen? Prima :) Ich möchte drauf hinweisen, das alles was ich tue nicht medizinisch korrekt sein muss, ich versuche mich aber an eine kognitiven Verhaltenstherapie zu halten. Sicher kann ich auch nur kurz beschreiben um was es geht, da dieses Thema viel zu komplex ist aber ich versuche es verständlich zu machen.

Ich will ja nicht weiter auf den Verlauf oder die Symptomatik einer Agoraphobie und/ oder Ängst und Panikattacken eingehen. In den Links findet ihr Seiten, die dieses sehr gut erklären. Dennoch, muss ich auf ein paar Dinge hier eingehen, die wir zur Selbsthilfe brauchen.

Die Angst besteht aus 3 Ebenen:

a) der Gefühlsebene
b) der gedanklichen Ebene
c) der körperlichen Ebene

Jede dieser 3 Ebenen kann den Angstkreislauf in Bewegung setzen. Ihr empfindet ein körperliches Symptom , zack, ist euer Alarmsystem alamiert und die anderen beiden Ebenen setzen ein oder ihr empfindet Angst und die Gedanken gehen los und die körperlichen Symptome setzen ein oder ihr habt ängstliche Gedanken und der Kreislauf wird ingang gesetzt.

Um den Kreislauf zu durchbrechen, sollten wir unser Verhalten verändern und die Situationen neu bewerten, da wir jede Situation völlig falsch bewerten. Das heisst, wir müssen in die Situationen gehen, die uns Angst machen und unsere Gedanken dazu ändern. Das wird sicher etwas dauern aber wir lassen uns nicht entmutigen.

Das Verhalten ändern:

Ja, wir müssen in die Situationen gehen vor denen wir uns fürchten. Wir üben eine Situation so lange, bis sie uns nur noch kaum bis garkeine Angst macht und setzen unsere Ziele langsam höher. Wichtig ist nur, dass wir es machen, täglich, am besten mehrmals. Erfindet keine Ausreden mehr. Schreibt euch eure Ziele auf, damit ist nicht gemeint " ich hab keine Angst mehr", sondern zB Woche 1 bis zur Haustür gehen, Woche 2 bis zur Staßenecke gehen oder ähnliches. Fangt mit dem an wovor ihr am wenigsten Angst habt und steigert euch.Ihr könnt gern eure Ziele ins Forum schreiben, schämt euch nicht. Jeder hat andere Startvorraussetzungen.

Wir müssen den direkten Kontakt zur Angst suchen und lernen das sie vorbeigeht. So kann das Gehirn lernen dass es ungefährlich ist, so wie es irgendwann gelernt hat, dass es gefährlich ist.

Also nochmal in kurz:

a) Ziele definieren
b) üben, so oft es nur geht
c) immer die Konfrontation mit der Angst suchen
d) Ziele langsam höher setzen

Wir müssen lernen, nicht mehr zu flüchten sondern zu bleiben. Denkt an die Geschichte von der Startseite, wir müssen schauen ob es wirklich ein Untier oder nur ein Busch ist.

Sollte zb Schwindel einsetzen, fordert mehr, sprecht mit euch selbst, ob laut oder gedanklich " Das Schwanken soll Schwindel sein ? Komm, das kannst du aber besser". Was passiert, der Schwindel haut ab.

Je mehr wir üben, desto sicherer werden wir werden, unser Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein wird ansteigen und wir werden mutiger.

Was mache ich aber wenn es an einem Tag nicht so gut geht? Dann geht einen Schritt zurück und übt das vorherige Ziel, versucht später nochmal das neue gesteckte Ziel zu erreichen oder ihr müsst einen Zwischenschritt einlegen, zB fühlt ihr euch im Tante Emma Laden sicher und könnt dort bequem einkaufen, wollt aber nun in den riesigen Supermarkt gehen und bekommt damit Probleme. Versucht es dann doch vielleicht erstmal in einem mittelgroßen Supermarkt als Zwischenschritt.



Die Gedanken verändern :

Das ist wohl der Teil der uns am meisten Probleme machen wird. Ich versuche es kurz zu erklären.

Unsere Ängste beruhen auf Fehinterpretationen und Fehleinschätzungen. Wir sind unterbewusst der festen Überzeugen das uns allmögliches Schlimmes in bestimmten Situationen passieren kann, wir glauben da fest dran. Das nennt sich Glaubens- oder Überzeugungssätze. Es gilt diese Glaubenssätze zu verändern. Das klingt nun erstmal schon komisch, oder ?  Keine Sorge, wird noch komischer. :)

Um negative Glaubensätze, was unsere Ängste ja sind, zu ändern, müssen wir uns positive Glaubenssätze suggerieren. Nennt man positives Denken, positive Suggerierung, Affirmation oder was auch immer. Ich halte euch ja zB an, eure Erlebnisse positiv zu verfassen, auch wenns nicht so gut lief, ihr sollt euch natürlich nicht belügen , sondern nur lernen euch von negativen Dingen nicht zu entmutigen lassen und lernen Dinge positiv zu formulieren.

Ich habe zum Beispiel den Glaubensatz "Wenn mir schwindelig wird, bekomme ich Angst, ich werde umkippen, die fremden Leute begaffen mich und ich werde vor Angst wahnsinnig und tue mir oder anderen etwas an." Klar das bei diesem Glauben, dieser Überzeugung nix gutes rauskommt und es mich ängstigt.

Wie ändere ich nun diesen Glaubenssatz ?

Ich stelle mir folgende Fragen :

  • Wie wahrscheinlich ist es, dass ich durch meinen Schwindel umkippe?
  • Wie wahrscheinlich ist es, das ich vor Angst wahnsinnig werde ?
  • Wie wahrscheinlich ist es, dass ich mir oder anderen etwas antue?
Die 3 Fragen kann ich mit sehr unwahrscheinlich bzw. niemals beantworten.

Also kann ich schonmal sagen " Wenn mir schwindelig wird, empfinde ich Angst aber die von mir befürchteten Dinge werden sehr unwahrscheinlich bis niemals eintreten"

Klingt schon positiver aber noch nicht positiv genug. :)

Nun stelle ich mir die nächste Frage:

Kann ich den Schwindel überstehen?

Die Antwort ist "Ja", ich hab ihn schliesslich schon x-mal überstanden ohne das ich umgekippt bin

Wie kann ich das nun in einen kurzen Satz packen ?

Zur Affirmation sei gesagt, das die Sätze möglichst kurz sein sollten, für mich absolut glaubwürdig und überzeugend sein müssen und keine Negation enthalten sollten ( Wir sind zwar in der Lage nein, kein, nicht etc zu verstehen aber unser Unterbewusstsein wohl nicht, da es wohl in Bildern "denkt") ebenso sollten diese Sätze kein "muss" oder "sollte" enthalten. Zudem sollten sie immer im hier und jetzt gesetzt werden, also nicht in der Zukunft sprechen.

Der Satz könnte also wie folgt aussehen:

"Der Schwindel ist eine körpliche Reaktion und ich übersteh ihn"

Ich erwähne auch extra das Wort "Angst" nicht, da ich die Angst in eine eigenständige Affirmation packe, welche ähnlich aussieht. Ihr könnt so, neue kurze Glaubenssätze "basteln" die ihr auch glauben könnt. Ihr könnt so mehrere Sätze basteln , jeden einzelnen ca 10x mehrmals täglich "abbeten". Wie die Bibel schon sagt, "arbeite und bete" , ich bin nicht gläubig aber der Satz trifft hier ganz gut zu. Arbeiten im Sinne von den Übungen und Beten im Sinne der Affirmationen.

Jetzt wirds richtig kompliziert. :) Das Gehirn muss zu diesem neuen Glaubensatz eine neue neuronale Verbindung herstellen, also bildlich gesprochen eine neue Abzweigung auf die es zugreifen kann, es also erlernen. Ihr kennt das ja sicher noch aus der Schule mit Vokabeln oder Gedichten auswendig lernen etc.Wie das im Leben halt ist, der eine lernt schneller und der andere langsamer. Mit unseren praktischen Übungen wird sich schon bald Erfolg einstellen, wir dürfen nur nicht aufgeben. Wir müssen also geduldig sein, auch wenn es Rückschläge gibt, Ungeduld ist unser Feind.

Schreibt euch eure neuen Glaubensätze auf, ihr könnt sie auch ins Forum stellen und sehr wahrscheinlich müssen wir recht bald schon neue Glaubenssätze formulieren :)